LeinenFÜHRIGkeit - die Zieldefinition
Was ist eigentlich Leinenführigkeit? Wie sieht das aus, wenn ein Hund leinenführig ist? Es gibt viele verschiedene Trainingsmöglichkeiten, um das Ziel eines leinenführigen Hundes zu erreichen, und es gibt bereits vorab mindestens ebenso viele Zieldefinitionen. Dem einen reicht es schon, wenn der Hund nicht so doll zerrt, sondern "nur ein bisschen". Der nächste möchte, dass sein Hund sich selbst zurückorientiert und die Leine lockert, sobald Spannung drauf kommt. Manche möchten, dass der Hund dauerhaft neben oder sogar hinter ihnen läuft. Und wieder andere halten die Leine einfach so kurz, dass der Hund gar nicht anders kann, als quasi Fuß zu laufen, und nennen das Leinenführigkeit. :-) Meine persönliche Zieldefinition ist eine vergleichsweise "strenge", "pingelige". Ich möchte, dass der Hund lernt, neben oder hinter mir zu gehen an locker durchhängender Leine und sich dabei an mir zu orientieren. Er soll nicht selbständig die Seite wechseln, er soll nicht vor mir laufen, er darf außerdem nicht schnüffeln, markieren oder sich sonstwie großartig mit Außenreizen beschäftigen. Er darf zu den Außenreizen gern hingucken, mehr aber nicht. Das ist für mich ein leinenführiger Hund, und auf dieses Ziel arbeiten wir im Leinenführigkeitstraining hin. Warum so pingelig? Warum reicht es nicht aus, wenn er links, rechts, vor mir irgendwo an lockerer Leine geht? Warum ist es nicht okay, wenn die Leine zwischendurch mal ein wenig gespannt ist, aber halt nicht so dolle, dass es mir in den Schultern weh tut? Warum ist Schnüffeln verboten? Der Hauptgrund dafür ist folgender: Je konkreter ein Trainingsziel für den Hund definiert wird, desto einfacher ist es für ihn zu verstehen und zu erreichen. "Einfach nur nicht so dolle zerren" ist ein extremst schwammiges Ziel, was quasi unmöglich zu vermitteln ist. Wo ist die Grenze zwischen "bisschen ziehen" und "zu doll ziehen"? Auch für den Menschen ist es nahezu unmöglich, dem Hund ein unklar definiertes Ziel verständlich zu machen. Schnüffeln an der Leine zum Beispiel. Mal kurz an einem Grasbüschel schnüffeln ist ja nicht schlimm - ruckartig losstürmen, um einer Hasenfährte zu folgen, ist hingegen schmerzhaft oder zumindest nervig. Besser also, die Spielregeln ganz klar zu formulieren: Wenn Leinenführigkeit angesagt ist, wird gar nicht geschnüffelt. Das vermeidet auch tagesformbedingt unterschiedliche Reaktionen auf ein und dasselbe Verhalten des Hundes. Mal hat man Zeit und lässt den Hund schnüffeln, am nächsten Tag ist man im Zeitdruck und zerrt ihn genervt weiter, wenn er schnüffeln möchte. Für den Hund ist es nicht zu verstehen, warum er es mal darf und mal nicht. Er lernt nur, dass sein Mensch ein wankelmütiges Wesen ist, was seine Emotionen nicht im Griff hat. ;-) Selbiges gilt für die Position. Es ist wesentlich einfacher für den Hund zu verstehen, links neben mir zu gehen statt mal vorne, mal hinten, mal ist Seitenwechseln okay, dann plötzlich doch wieder nicht ... Je klarer, "pingeliger" und genauer ein Trainingsziel definiert ist, desto einfacher ist es für den Hund zu verstehen. Auch für den Menschen ist es wesentlich leichter, selbst genau zu wissen, was die Kriterien des Trainingsziels sind. Desweiteren liegt meine Betonung auf LeinenFÜHRIGkeit, nicht auf LEINENführigkeit. Es geht nicht darum, den Hund mithilfe der Leine zu führen. Über die Leine wird nicht auf den Hund eingewirkt. Daran wird weder geruckt noch gezogen. Die Leine soll locker durchhängen und sich für Hund und Mensch so anfühlen, als wäre sie gar nicht da. Es geht darum, dass DU Deinen Hund führst - und ihn eben nicht einfach mithilfe der Leine von A nach B ziehst oder ihm sogar mittels der Leine Schmerzen bereitest. Wenn dein Hund gelernt hat, an der Leine zu gehen, als wäre die Leine gar nicht da (sprich: die Leine hängt locker durch, kommt nicht auf Zug, und es wird daran nicht geruckt oder sonstwie rummanipuliert), dann wird es ein Leichtes, den Hund auch in der Freifolge ohne Leine nah bei dir zu führen. Wenn du der Leine jedoch eine Funktion gibst und damit deinen Hund bestrafst, ihn mitziehst oder ihn schlicht festhältst, bist du abhängig von der Leine, und dein Hund lernt exakt gar nichts. Er lernt nicht, auf dich zu achten, dir zu folgen, sich von dir und deinen Signalen, deiner Körpersprache und deiner Stimme führen zu lassen. Sondern er wird halt einfach festgehalten oder schlimmer noch: durch die Gegend gezerrt. Das also ist das bzw. mein Ziel. So soll Leinenführigkeit aussehen. Wie immer gilt natürlich, dass dieses Ziel und diese Form der Leinenführigkeit auch für dich und deinen Hund Sinn machen muss. Gelegentlich mal gibt es Ausnahmen. Nichts ist in Stein gemeißelt. ;-) PS: Warum mir wichtig ist, dass der Hund neben/hinter dem Menschen geht und nicht vor dem Menschen, wird Thema eines eigenen Blogartikels sein.
Fotos © Susanne Klein / außer Foto mit Kartoffel: © Kerstin Fähnrich