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Der muss erst mal "sitz" machen!


Oft höre ich von (Erst)Hundehaltern Dinge wie "Bevor der ein Leckerchen bekommt, muss der immer erst mal sitz machen" oder "Wenn ich den ableine, muss der erst mal sitz machen". Das führt dann oft zu kuriosen oder für Training und Erziehung kontraproduktiven Situationen.

Oft kennt der betreffende Hund die Bedeutung des Wörtchens "sitz" noch gar nicht. "Sitz - sitz - sihiiiiitz - setz dich endlich hin". Genervter Mensch, der versucht, etwas "durchzusetzen", was er seinem Hund einfach noch nicht beigebracht hat. Hund versteht und lernt dabei leider so gar nichts.

Oder zum Beispiel im Rückruftraining. Der Welpe kommt nachm Rückruf fröhlich und zielstrebig angerannt, und dann geht es los: "Sitz - sitz - SITZ ..." etc. pp. Selbst wenn Welpi sich brav nach dem ersten sitz-Signal setzt, ist dabei nichts gewonnen. Belohnt wurde nur das sitz, aber nicht der Rückruf.

Oder der Halter hat einen aufgeregt in die Leine hüpfenden Junghund, der seinen Hundekumpel erblickt hat und mit dem gern eine Runde über die Wiese flitzen würde. Bevor er aber von der Leine gelassen wird, muss er erst mal sitz machen. Hundchen berührt also kurz mit dem Popo den Boden, ist nach wie vor aufgeregt, schenkt seinem Menschen null Aufmerksamkeit, und dieser schafft es dann irgendwie noch schnell, den Karabiner zu lösen, und das Pubertier rast los. Fantastisch - auch hier: Nix gelernt, außer dass man durch aufgeregtes Gebaren ans Ziel kommt. Das sitz war völlig sinnbefreit.

Viele sind auch stolz, dass ihr Hund erst kurz sitz macht, bevor sie mit ihm aus der Tür gehen. Na ja, bevor Hundchen dann losstürmt und einen hinter sich her aus der Tür zieht .... ;-) Auch an der Stelle hat das kurze Hinsetzen keinerlei sinnvolle Funktion.

Und was ich auf Hundeplätzen oft sehe (auf denen treibe ich mich ja gelegentlich wegen der RO-Turniere rum), sind Hunde, die an der Leine ausrasten, weil sie sich z.B. von einem Artgenossen bedrängt fühlen, der einen halben Meter vor ihnen drohfixierender Weise in der Leine hängt. Da wird dann gerne "SITZ!!!" gebrüllt, statt dem Hund geholfen.

Ich frage meine Hundehalter immer, WARUM ihr Hund denn unbedingt "sitz" machen soll, bevor's aus der Tür geht, die Leine dran oder ab gemacht wird oder der Hund gerade den Rückruf befolgt hatte. Ich frage auch, warum der Hund für den Alltag ÜBERHAUPT "sitz" lernen soll. Die Antwort ist meistens: "Hmmmm, ääääähm, nun ja ... macht man das nicht so?" Keine Ahnung, was "man" macht, ich kenne den nicht. Warum machst DU es denn, warum ist es DIR wichtig?

Worauf ich hinaus will, sind zwei Dinge:

1) DU entscheidest, was Dir für und mit deinem Hund wichtig ist, was er warum lernen und können muss, damit Du mit ihm entspannt leben kannst, von ihm keine Gefahr oder Belästigung für die Umwelt ausgeht und es Deinem Hund gut geht. Das entscheidet nicht das Hundebuch, was Du gelesen hast, es entscheidet auch nicht Deine Nachbarin, die schon seit 30 Jahren Hunde hat, und es entscheidet auch nicht Dein Schwiegervater, der eh immer alles besser zu wissen meint.

2) Wenn Du in bestimmten Situationen gern ein "sitz" von Deinem Hund möchtest, frag Dich, ob es wirklich "Popo auf dem Boden" ist, worum es gerade geht. Ist ein "sitz" wirklich gerade die Lösung? Zu 90% ist es das nämlich nicht.

Oft ist nämlich eigentlich etwas ganz anderes gemeint, was versucht wird, durch ein "sitz" zu erreichen. Und da bringt ein rein formales Signal, eine reine Positionierung des Körpers auf eine bestimmte Weise nicht den gewünschten Erfolg.

Meistens möchte man Aufmerksamkeit und Ruhe. Selbstbeherrschung. Orientierung am Menschen. Einfach nur den Popo auf den Boden zu machen, bringt aber weder Ruhe noch Aufmerksamkeit noch Selbstbeherrschung noch Orientierung.

Bring Deinem Hund bei, ruhig zu warten, bevor es gemeinsam aus der Tür geht. Bring ihm bei, ruhig und geistig bei DIR zu sein beim An- und Ableinen. Bring ihm bei, dass es nur ruhig und gelassen in den Freilauf mit Artgenossen geht. Lass nicht zu, dass drohfixierende "Tut-Nixe" Deinen Hunde an der Leine bedrängen. Sorge für Schutz und Sicherheit.

All das sind emotionale Inhalte und Inhalte, die mit dem Erregungslevel des Hundes zu tun haben, ebenso mit den Führungsqualitäten des Menschen. All dies lässt sich nicht durch einen Zirkustrick (und nichts anderes ist "sitz") lösen.

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